Mit diesem Artikel habe ich ein besonderes Anliegen. In letzter Zeit sind mir häufig Sätze untergekommen, die mit "Wenn Du Dein Kind liebst, dann ..." begonnen haben. Die Nachsätze können unterschiedlicher nicht sein. Es geht ums Stillen und das Thema Langzeitstillen, es geht um Regeln oder keine Regeln, es geht um Förderung oder "Überforderung", es geht um Einschlafen und die gesamte Schlafsituation. Die Themen sind so weit gefächert, dass ich sie gar nicht alle aufführen kann und möchte. In jedem Fall geht es darum, dass eine oder mehrere Mütter, Väter, Erziehungsberechtigte oder Kinderlose eine Meinung von der Art des Umgangs mit Kindern vertreten und keine andere Meinung zulassen.
Wieso tun wir das? Wieso unterstellen wir anderen, dass sie ihre Kinder nicht lieben würden? Als ich noch keine Mama war, ist mir möglicherweise auch ein solcher Satz rausgerutscht. Heute würde ich mich nicht mehr in der Art äußern. Ich würde keiner Mama und keinem Papa unterstellen, dass sie oder er sein Kind nicht liebt.
Wenn ich mich mit Müttern unterhalte und dahinter schaue, kann ich verstehen, warum sie mit ihrem Kind anders umgehen als ich mit meinem. Ich sehe, dass sie ihr Kind lieben, auch wenn sie eine andere Sicht von Erziehung haben wie ich. Mein Erziehungsstil gefällt auch nicht jedem und doch liebe ich meine Tochter über alles! Nur weil wir anderer Meinung sind oder eine andere Einstellung zum Leben haben, können wir nicht über andere urteilen und sie verurteilen.
Es gibt verschiedene Gründe warum Mamas und Papas handeln wie sie handeln:
- Sie können den Erziehungsstil von ihren Eltern übernehmen, weil sie davon überzeugt sind und sie es selbst auch als gut und angenehm empfanden, wie ihre Eltern mit ihnen in unterschiedlichen Situationen gehandelt haben. Sie können aber auch davon überzeugt sein, dass sie alles anders machen wollen, wie ihre Eltern, weil sie die Art der Erziehung selbst unangenehm in Erinnerung haben.
- Sie können ihren Kindern die besten Möglichkeiten und Voraussetzungen bieten wollen, weil sie sie nicht hatten oder weil sie sie hatten oder weil sie es einfach gut finden. Sie können ihre Kinder aber auch kaum Förderung zukommen lassen, weil sie davon überzeugt sind, dass es ihre Kinder überfordern könnte und sie ihren Kindern Freiheiten geben wollen. Selbst hier kann man darüber diskutieren, ob Förderung Freiheit bietet oder Nicht-Förderung.
- Sie können ihr Kind lange Zeit Stillen, weil sie davon überzeugt sind, dass es gut für ihr Kind sein wird. Sie können aber auch sagen, dass sie nicht stillen wollen, weil sie davon überzeugt sind, dass es keinen großen Unterschied gibt oder sie einfach nicht Stillen können. Wenn sie mehrere Kinder haben, kann es auch zwischen den einzelnen Kindern variieren.
- Sie können eine bestimmte Art einzelner Aspekte der Erziehung leben, weil sie einer Religion angehören oder weil sie keiner Religion angehören.
Das ist nur ein Teil dessen, wie unterschiedlich unsere Beweggründe für unsere Art der Erziehung sein können. Dazwischen gibt es ganz viel Raum und auch die Eltern die sich dazwischen ansiedeln, sind von etwas überzeugt.
So verschieden wie wir Menschen alle sind, so verschieden kann auch der Umgang mit unseren Kindern sein. Dabei kommt es neben den Überzeugungen auch auf den eigenen Zustand an. Sind wir krank oder angespannt und gestresst, sind wir womöglich nicht immer so, wie wir zu unseren Kindern sein wollen. Aber nur weil wir menschlich sind und in unseren Augen Fehler machen, die andere vielleicht gar nicht als Fehler sehen, heißt das nicht, dass wir unsere Kinder nicht lieben.
Ich finde diese Sätze, wie eingangs geschrieben, gruselig und unangenehm, denn wir sollten niemandem etwas unterstellen. Selbst wollen wir auch nicht in einer solchen Weise verurteilt werden. Ich selbst zum Beispiel, bin oft streng mit mir selbst gewesen und habe mich verurteilt. Das ist hart und tut sehr weh. Wenn uns andere verurteilen, macht es uns wütend oder traurig oder verärgert. Oft trifft es irgendeinen wunden Punkt in uns. Können wir nicht einfach jede und jeden annehmen, wie sie oder er ist? Ich finde es auch manchmal anstrengend zu hören oder zu sehen, wie jemand mit seinem Kind umgeht, aber ich habe aufgehört zu verurteilen. Wir können gegenseitig auf uns schauen. Vielleicht können wir einandere helfen, anstatt einander zu verurteilen.
Meine Art des Umgangs mit meiner Tochter mag ich persönlich sehr, auch wenn es nicht "perfekt" ist. Ich habe mir meine Art des Umgangs auch nicht völlig neu überlegt, sondern durch Gespräche, das Lesen von Büchern und verschiedene Videos mir das herausgenommen, was für mich und uns stimmig ist. Und ich würde mich freuen, wenn andere Mamas sich für diese Art des Umgangs öffnen, aber ich verurteile sie nicht, wenn sie es nicht tun. Gern möchte ich ein Bespiel sein, wie es auch geht. Ich werde allerdings nicht versuchen, jemanden zu bekehren. Wenn eine Mama es gut findet, was ich tue, dann kann sie es sich für sich vielleicht ansehen und schauen, was sie für sich übernehmen kann. Für Gespräche ohne Verurteilungen und den Versuch zu Bekehren bin ich gern offen.
Von Herzen
Tanya
Wenn Du auch Erfahrungen mit solchen oder ähnlichen Erziehungskonflikten hast, erzähle mir gern davon. Wie bist Du damit umgegangen?
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Vero (Freitag, 27 April 2018 23:33)
So ein schönes Foto :)